Hausdurchsuchungen in linkem Zentrum und in zwei Privatwohnungen in Hamburg

Pressemitteilung #5 vom 30.06.2017

Am Morgen des 29. Juni durchsuchte die politische Abteilung des Hamburger Landeskriminalamts mit Durchsuchungsbeschlüssen des Hamburger Amtsgerichts die Räume von G20-Gegner*innen. Von 7 bis 11 Uhr wurden die Räumlichkeiten an der Vereinsadresse des Roten Aufbau im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel sowie die Privatwohnungen von zwei Beschuldigten in den Stadtteilen Ottensen und Stellingen durchsucht.

Der Vorwurf der Hamburger Polizei lautet „Billigung von Straftaten“ gemäß § 140 StGB. Die beiden Beschuldigten sollen der taz ein Interview gegeben haben, das am 2. Dezember 2016 anonymisiert veröffentlicht wurde. Die beiden taz-Redakteurinnen, die das Interview geführt hatten, wurden dazu aufgefordert, die Identitäten ihrer Interviewpartner preis zu geben. Beide Redakteurinnen verweigerten unter Hinweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht der Presse und den Informantenschutz eine Aussage gegenüber der Polizei.

Die gesamte Durchsuchungsaktion ist ein offensichtlicher Einschüchterungsversuch gegen die Anti-G20 Protestbewegung. Dafür spricht das martialische Auftreten der Polizei: Vermummte, dunkel-uniformierte Einheiten zerstören im Morgengrauen Eingangstüren und stürmen mit gezogenen Maschinenpistolen die Wohnungen von Linken. Zudem wurde der Zeitpunkt der Durchsuchungen willkürlich gewählt, denn das Interview war bereits vor einem halben Jahr veröffentlicht worden.

Die Vorladung der Redakteurinnen hingegen ist ein Einschüchterungsversuch gegen die Presse. Denn selbstverständlich kennt die Hamburger Polizei das Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger nach § 53 StPO, Satz 1 Nr. 5, in dem der Quellenschutz der Presse unmissverständlich festgelegt wird. Die Vorladung der Polizei an die Journalistinnen kommt einer Aufforderung zum Verrat ihrer Quellen gleich.

Beide Einschüchterungsversuche wurden zurückgewiesen: Die Journalistinnen der taz riefen allen Kolleg*innen ihr Zeugnisverweigerungsrecht in Erinnerung und noch am selben Abend demonstrierten hunderte Linke spektrenübergreifend ihre Solidarität mit den von Repression Betroffenen.

Hamburger Behörden versuchen die Unterstützung der Gipfelgegner*innen zu verhindern und schränken die Bewegungsfreiheit weiter ein

Pressemitteilung #4 vom 29.06.2017

Das vollständige Verbot des antikapitalistischen Protestcamps im Stadtpark durch die Stadt Hamburg wurde vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen. Ein anschließendes Kooperationsgespräch des Protestcamps mit der Versammlungsbehörde ist gescheitert, da die Stadt trotz des Gerichtsentscheids auf einem Verbot des Camps besteht. Doch die Hamburger Stadtverwaltung geht nicht nur mit einer Allgemeinverfügung gerichtlich gegen das Camp vor: Sie übt unter Zuhilfenahme der Polizei auch starken Druck auf mögliche alternative Unterbringungsmöglichkeiten aus. Mehrere Vereine und Genossenschaften wurden von den Behörden angewiesen, keine Schlafplätze für Gipfelgegner*innen zur Verfügung zu stellen.

Auf Unterkünfte auf der anderen Elbseite können die Gipfelgergner*innen nicht ausweichen. Der Fährverkehr soll während des Gipfels in diese Richtung stark eingeschränkt werden und auch der alte Elbtunnel wird vom 6. Juni ab 6 Uhr bis zum 9. Juli um 20 gesperrt – wegen „umfangreicher Wartungsarbeiten“. Voraussichtlich werden außerdem durch eine weitere „Transferzone“ die Elbbrücken und der Elbtunnel mindestens zeitweise gesperrt sein.

Auch der geplante Ort der Abschlusskundgebung der großen Bündnisdemo „Grenzenlose Solidarität statt G20“ am 8. Juli, das Heiligengeistfeld vor dem Millerntor-Stadion des FC St. Pauli, steht nach dem Willen der Stadtverwaltung aufgrund von eingezäunten, ruhenden Bauarbeiten nicht zur Verfügung. Den Organisator*innen der „Welcome to Hell“-Demonstration am 6. Juli wurden vertragswidrig Dixi-Klos gekündigt und andere sind nicht und wenn, dann nur bei Zahlung absurd hoher Kautionen, die über dem Neuanschaffungspreis liegen, zu bekommen. Ist es Zufall, dass all diese Einschränkungen genau zu diesem Zeitpunkt stattfinden? Auch wenn die Baupläne alt sein sollten – wie die Finanzbehörde dem Hamburger Abendblatt mitteilte – so kommen sie der Stadt doch äußerst gelegen.

Innensenator Grote verteidigte noch Mitte Juni gegenüber dem NDR ein Verbot des Camps ausgerechnet mit der Solidarität in der linken Szene: „Wir gehen erstmal nicht davon aus, dass es wirkliche Probleme gibt, hier in der Stadt unterzukommen. Es gibt eine hohe Bereitschaft in der Szene, Anreisende aufzunehmen.“  Durch die Anweisung, keine Schlafplätze zur Verfüg zu stellen, ist die Strategie der Stadt offensichtlich: Dem zu erwartenden Protest soll die materielle Basis entzogen werden. Die Hamburger Stadtverwaltung sabotiert Solidarität.

G20 EA fordert Abschaffung der Grenzkontrollen

Pressemitteilung #3 vom 23.06.2017

Am 12. Juni 2017 gab das Innenministerium bekannt, dass ab sofort und bis zum 11. Juli Grenzkontrollen an den deutschen Schengen-Binnengrenzen durchgeführt werden sollen, sowohl an den Land- und Seegrenzen als auch an Flughäfen. Bereits am selben Abend begannen die Grenzkontrollen an der dänisch-deutschen Landgrenze in Schleswig-Holstein, sowie auf den entsprechenden Fährhäfen. Seit dem 13. Juni werden die westlichen Grenzen zu Belgien und den Niederlanden kontrolliert. Nur wenig später, am 16. Juni, gab die Bundespolizei Weil am Rhein stolz bekannt, dass die politisch motivierten Kontrollen im südwestlichen Dreiländereck an der deutsch-schweizerischen und deutsch-französischen Grenze bereits zu mehreren Festnahmen geführt hätten. Verhaftet wurden dabei allerdings Menschen, die wegen Diebstahls oder Trunkenheit am Steuer zur Fahndung ausgeschrieben worden waren.

Sachsen begann mit der Kontrolle der östlichen Grenzen am 17. Juni schwerpunktmäßig auf der A4 und ab dem 19. Juni dann auch auf der A 17, auch die Bahnstrecke von Prag nach Dresden soll verstärkt kontrolliert werden. Obwohl der europäische Gerichtshof am 21. Juni systematische verdachtsunabhängige Kontrollen eingeschränkt hat und obwohl die Innenministerkonferenz vom 12. bis 14. Juni 2017 in Dresden den bayerischen Antrag auf eine bundesweite Einführung abgelehnt hat, wird die Schleierfahndung weiterhin von den meisten Landespolizeien eingesetzt. Der sächsische Innenminister Uhlbig nutzte die Aussetzung des Schengener Abkommens im Vorfeld des G20-Gipfels, um für die Schleierfahndung zu werben, die in Sachsen auch nach dem 11. Juli im grenznahen Raum eingesetzt werden soll. Offenbar soll so die Schleierfahndung als ein Mittel zur Migrationsabwehr etabliert werden, die außerhalb von Gipfelzeiten zumeist durch Racial Profiling in die Schlagzeilen gerät.

G20 EA missbilligt Polizeipläne für Gefangenensammelstelle

Pressemitteilung #2 vom 21.06.2017

Die Hamburger Polizei richtet für den G20-Gipfel eine Gefangenensammelstelle (Gesa) in einem leer stehenden Großmarkt in der Schlachthofstraße in Hamburg-Harburg ein. Für den Betrieb und den Transport der Gefangenen sind 1.800 Polizeibedienstete vorgesehen.

Die Unterbringung der Gefangenen soll in der Regel in 70 jeweils 9m² großen Sammelzellen für bis zu fünf Personen pro Zelle in Containern erfolgen, die in der neun Meter hohen und 12.000m² großen Halle aufgestellt werden. Darüberhinaus sind 50 Einzelzellen mit einer Größe von jeweils 3,23m² vorgesehen.

Für gefangene Gipfelgegner*innen ist in den Sammelzellen mit 1,8m² pro Person damit weniger Platz vorgesehen als für Schweine, denen nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung 2,5m² pro Sau zustehen. In die Zellen fällt kein Tageslicht, an der Wand ist eine Sitzbank befestigt und nachts werden Matratzen auf den Boden gelegt. Toilettengänge zu den zwischen 100 und 200 Metern entfernten Sanitäranlagen werden nur in Polizeibegleitung möglich sein.

Die Erfahrung vergangener Gipfelproteste zeigt, dass Gesas immer auch der Zermürbung der Protestierenden dienen. Die Gefangenen sind nach einer oftmals traumatisierenden Festnahme nicht selten den Schikanen von Polizeibeamt*innen ausgesetzt. Zudem droht den Gipfelgegner*innen in Hamburg bis zu 10 Tage polizeilicher Unterbindungsgewahrsam.

G20 EA kritisiert Aussetzung der Versammlungsfreiheit während des G20-Gipfels

Pressemitteilung #1 vom 20.06.2017

Der G20 EA kritisiert das Vorgehen von Senat und Polizei gegen die Anti-G20 Proteste. Durch die Allgemeinverfügung vom 9. Juni 2017 wird die Versammlungsfreiheit in weiten Teilen der Hamburger Innenstadt während des G20-Gipfels am 7. und 8. Juli massiv eingeschränkt. Die Camps der GipfelgegnerInnen sollen per Verwaltungsakt aus weiten Teilen des Stadtgebiets verdrängt und jeglicher Protest aus dem Stadtbild verbannt werden.

Gegen diese Allgemeinverfügung sind verschiedene Klagen angekündigt worden, wie z.B. vom Gängevierteil, dem antikapitalistischen Camp und dem Bündnis „Grenzenlose Solidarität statt G20“. Das ist richtig und wichtig. Der Senat behauptet, die Ausweisung einer 38 Quadratkilometer großen Demonstrationsverbotszone sei verhältnismäßig und beruft sich dabei auf den vermeintlichen Präzedenzfall des Papstbesuchs im September 2011 in Berlin.

Der Hamburger Senat versucht dabei sogar die Grenzen des an sich schon versammlungsfeindlichen Erlasses aus Berlin noch weiter auszudehnen. Wurde in Berlin die Versammlungsfreiheit für acht Stunden eingeschränkt, soll sie in der Hamburger Demonstrationsverbotszone für 35 Stunden ausgesetzt werden.

Der Hamburger Senat versucht durch die großflächige und langandauernde Aussetzung der Versammlungsfreiheit während des G20-Gipfels Fakten auch für zukünftige Großereignisse zu schaffen.