Category Archives: Presse

..

Feindbild Demonstrant*in

Pressemitteilung #17 vom 09.07.2017

Die Einreisesperren rund um den Sonderzug zum G20-Gipfel von Basel nach Hamburg, die gegen Demonstrant*innen aus der Schweiz verhängt worden waren, wurden in der Nacht auf den 7. Juli vom Verwaltungsgericht Stuttgart vorläufig außer Kraft gesetzt. Nachdem Eilanträge gestellt worden waren, wurde in drei Fällen die aufschiebenden Wirkung der Beschwerden gegen die Einreisesperren wiederhergestellt, so dass die Betroffenen einreisen konnten.

Die Haftbedingungen in der Gefangenensammelstelle in Hamburg-Harburg sind katastrophal, die Gefangenen werden menschenunwürdig behandelt. Der Zugang zu anwaltlichem Beistand und ärztlicher Versorgung wurde verschleppt. Anwält*innen berichten von systematischem Schlafentzug durch Dauerbeleuchtung, Essensentzug, bewusster Verletzung des Schamgefühls, unerträglicher Hitze in den Zellen, Erniedrigungen und Einschüchterungen sowie absichtlicher Desinformation über die angeblich zu erwartenden Strafen.

Bei den Blockaden der Protokollstrecken am Morgen des 7. Juli wurde die Wiener Sondereinheit WEGA eingesetzt. Demonstrant*innen berichteten von ungewöhnlich starkem Reizgas, das heftige Atemnot, Krämpfe und in einem Fall einen epileptischen Anfall auslöste. Am Vortrag ereignete sich ein weiterer Vorfall mit einer anderen Polizeieinheit. Einem Demonstranten wurde Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und mit einem Schlagstock auf den Hals geschlagen. Er erlitt daraufhin einen Asthmaanfall und wurde mit einem Krankenwagen in die Notaufnahme des Altonaer Krankenhauses gebracht, wo er beatmet werden musste.

Während der Proteste gab es mehrfach gezielte Wasserwerfer-Angriffe auf Demosanis während diese gerade Verletzten behandelten. Auch wurden Demosanis von der Polizei von Verletzten weggedrängt und in einem Fall wurde eine verletzte Person während der medizinischen Versorgung sogar durch die Polizei weggezogen und mitgenommen. Erfreulicherweise wurden Demosanigruppen jedoch in vielen Fällen durch Anwohner*innen spontan durch Rückzugsräume zur Versorgung von Verletzten und mit Essen unterstützt.

Im Laufe des Gipfels revidierte die Polizei ihre Startegie „lieber Verletzte hinterlassen als Gefangene zu machen“ und fahndet nun nach vermeintlichen Straftäter*innen. Auf der Raststätte Stolper Heide bei Henningsdorf vor Berlin wurden beispielsweise PKW und Busse von der Polizei im Rahmen der Fahndungen kontrolliert. Die Polizist*innen kontrollierten Personalien und fertigten – angeblich auf freiwilliger Basis – Fotos der Reisenden an. Ziel der Kontrolle war nach Angaben der Polizei vor Ort die Suche nach Zeug*innen „schwerer Straftaten“ bei den Protesten gegen den G20-Gipfel.

Mittlerweile spricht die Polizei von rund 500 Polizist*innen, die im Zuge der Auseinandersetzungen rund um den G20-Gipfel verletzt wurden. Damit liegen die von der Polizei veröffentlichten Zahlen leicht höher als die des G8-Gipfels 2007. Nach dem Gipfel vor zehn Jahren stellte sich aber heraus, dass die damaligen Zahlen maßlos übertrieben waren. Von den angeblich 25 schwerverletzten Polizist*innen mussten lediglich zwei stationär behandelt werden. Nach Angaben von Sanitäter*innen wurden die meisten der 433 Polizist*innen beim G8-Gipfel zudem durch friendly fire, also durch Einsatz von CS- und CN-Gas sowie Pfefferspray verletzt. Vor diesem Hintergrund ist die kolportierte Zahl verletzter Polizist*innen beim G20-Gipfel mit Vorsicht zu genießen.

Razzien und Festnahmen zum Ende des Gipfels

Pressemitteilung #16 vom 08.07.2017

Im Anschluss an den Aktionstag gegen den G20-Gipfel am 7. Juli und die polizeiliche Räumung des Schanzenviertels durchsuchte das LKA Hamburg am 8. Juli das Internationale Zentrum B5 in der Brigittenstraße 5 in St. Pauli. Um 10:45 Uhr stürmten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten in das Vereinslokal und stürzten sich auf die anwesenden Personen. Ohne Nennung von Gründen wurden die Anwesenden gefesselt und die Räumlichkeiten des Vereins sowie zwei Privatwohnungen im selben Gebäude durchsucht. Auch die Kellerräume des angrenzenden Kinos B-Movie und der Einkaufsgemeinschaft FoodCoop wurden durchwühlt. Bei den Durchsuchungen wurden zwei Personen verletzt, eine Ärztin wurde nicht zu ihnen durchgelassen. Die Razzia wurde vom Landeskriminalamt Hamburg nach Hinweisen des Landesamtes für Verfassungsschutz durchgeführt. Angeblich sollten sich Molotowcocktails in den Räumen befinden, was sich als haltlose Diffamierung erwies.

In der Nacht auf den 8. Juli veröffentlichte die Hamburger Polizei ein „Hinweisportal“ mit dem Aufruf, vermeintlich belastendes Foto- und Video-Material der Proteste hochzuladen. Einen halben Tag nach der Veröffentlichung jubilierte sie, dass „bisher über 1000 Dateien eingegangen“ seien. Durch ihren Aufruf zu Denunziation und Verrat provozierte die Polizei eine private „Online-Hetzjagd“, von der sie sich anschließend scheinheilig distanzierte.

Am 8. Juli fand in Hamburg die Großdemonstration „Grenzenlose Solidarität statt G20“ eines großen linken Bündnisses statt. Die Polizei kontrollierte Teilnehmer*innen bereits während der Anreise zum Kundgebungstreffpunkt. So leitete die Polizei einen Bus der Falken aus Nordrhein-Westfalen direkt in die Gefangenensammelstelle nach Harburg um und stellte dort die Personalien aller Insass*innen fest. Im Camp Altona wollte die Polizei am Morgen Zelt- und Personenkontrollen durchführen, was jedoch durch Vermittlung der Rechtsanwält*innen verhindert werden konnte. Während der Demo kam es zu mehreren Polizeieinsätzen gegen Teilnehmer*innen der Kundgebung. Eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit zog gezielt Hamburger Aktivist*innen aus der Demo.

Im gesamten Stadtgebiet Hamburg sucht die Polizei insbesondere in Hostels und an Bahnhöfen nach internationalen Aktivist*innen. Berichtet wurden insbesondere Fahndungen nach italienischen und französischen Demonstrant*innen, auch nach kurdischen Fahnen wird gesucht. Bereits während der Großkundgebung wurden 15 Italiener*innen festgenommen, darunter eine Europa-Parlamentarierin.

Gegen 15 Personen wurden nach Kenntnis des G20 EA Haftbefehle erlassen, 28 befinden sich in Unterbindungsgewahrsam. Ein Teil der Gefangenen wurde in die JVA Billwerder und die JVA Hanöversand verlegt. Trotz der vorhandenen Kapazität werden Zellen in der Gefangenensammelstelle in Harburg ohne Not überbelegt. So wurden einzelne Zellen mit acht statt mit den vorgesehen fünf Personen belegt. In den Zellen herrschten Temperaturen von über 35 Grad. Entgegen vorheriger Ankündigung gab es für die Gefangenen keine klimatisierten Zellen. Gefangene berichten, dass sie über 24 Stunden lediglich zwei Knäckebrote zu essen bekamen.

Am Sonntag, den 9. Juli, findet um 12 Uhr eine Demonstration zur Gefangenensammelstelle in Harburg statt. Der G20 EA wird auch in den kommenden Tagen Inhaftierte und von sonstiger Repression Betroffene unterstützen.

Ganz Hamburg hasst die Polizei

Pressemitteilung #15 vom 08.07.2017

Nach dem Eröffnungstag des G20-Gipfels verlor die Polizei in der Nacht auf den 8. Juli vollends die Kontrolle über Teile Hamburgs. Und das, obwohl zusätzlich zu den bereits eingesetzten mehr als 15.000 Polizist*innen noch weitere Verstärkung aus anderen Bundesländern angefordert und bewilligt wurde. Weder die mehr als 20 Wasserwerfer noch die eingesetzten Räumpanzer, weder das massenhaft versprühte Reizgas noch die Knüppel und Fäuste konnten die Lage unter Kontrolle bringen. Zuletzt setzte die Hansestadt sogar schwerbewaffnete Spezialeinheiten zur Aufstandsbekämpfung gegen die eigene Bevölkerung ein.

Nach Mitternacht drang ein mit Maschinenpistolen bewaffnetes Spezialeinsatzkommando in ein Haus Beim Grünen Jäger ein, wo Demosanitäter*innen gerade Verletzte behandelten. Eine Person war so schwer verletzt, dass die Demosanis sie in ein Krankenhaus bringen wollten. Den Demosanis wurde mit Maschinenpistole im Anschlag „Hände hoch!“ zugerufen und unmissverständlich bedeutet, dass andernfalls von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werde. Anschließend wurden die Demosanitäter*innen einzeln aus dem Haus geholt, mittlerweile sind alle wieder frei. Die verletzte Person durfte nach Verhandlungen mit der Polizei zum Rettungsdienst gebracht werden.

Aber nicht nur auf der Straße geht die Polizei mit Gewalt gegen alle vor, die sich ihnen widersetzen. In der Gefangenensammelstelle in der Schlachthofstraße in Hamburg-Harburg wurde in der Nacht auf den 8. Juli ein Rechtsanwalt von drei Polizist*innen misshandelt. Der Anwalt hatte darauf bestanden, dass sein Mandant sich nicht ausziehen müsse, woraufhin mehrere Polizist*innen den Rechtsanwalt packten, ihm ins Gesicht griffen, den Arm verdrehten und ihn aus der Gefangenensammelstelle schleiften. Diese Vorfälle werden vor allem eines produzieren: Mehr Hass auf die Polizei.

Knüppel statt Kessel, Wasserwerfer statt wegtragen, Pfefferspray statt Prozess

Pressemitteilung #14 vom 07.07.2017

Am frühen Morgen des 7. Juli begann der Aktionstag gegen den G20-Gipfel mit Blockaden der Protokollstrecken und des Hafens. Auch in dem per Allgemeinverfügung zur Verbotszone erklärten Gebiet kamen tausende Gipfelgegner*innen zu kleineren und größeren Demonstrationen zusammen und beteiligten sich an den vielfältigen Aktionen. Leider waren wie am Vortag viele Verletzte zu beklagen.

Auf dem Weg vom Berliner Tor zum Mundsburger Kanal wurde ein*e Demonstrant*in in St. Georg von einem Polizeifahrzeug überrollt, das ohne zu anzuhalten weiterfuhr. Die nachfolgenden Fahrzeuge der Polizeikolonne stoppten erst, als sich weitere Personen schützend vor die verletzte Person auf die Fahrbahn stellten. Allerdings stiegen die Polizist*innen nicht etwa aus, um erste Hilfe zu leisten, sondern um die Ersthelfer*innen mit Pfefferspray zu vertreiben. Anschließend nahm die Polizei im Krankenhaus die Personalien der verletzten Person auf und versuchte sie zu verhören.

Am Nachmittag wurden Demosanis zu Verletzten am Fischmarkt gerufen. In der Hafenstraße gerieten die Sanitäter*innen in eine Polizeikontrolle, konnten diese aber passieren, als sie ihre Funktion als Demosanis gegenüber der Polizei zu erkennen gaben. Die Demosanis hielten 500 Meter von den Auseinandersetzungen zwischen Gipfelgegner*innen und Polizei an, nachdem sie keine Verletzten vorgefunden hatten. Nach 20 Minuten kam eine Polizeihundertschaft angestürmt und zerrte Fahrerin und Beifahrer aus dem Wagen. Sie nahmen den Beifahrer in den Schwitzkasten, warfen die Fahrerin zu Boden und traten auf ihren Kopf und ihre Schulter. Die Demosanitäterin erlitt Prellungen an Schlüsselbein, Oberarm und Schulter und musste im Krankenhaus behandelt werden. Die zu Boden gefallene Brille der Fahrerin zertraten die Polizist*innen. Sie nahmen die Personalien der Demosanis auf, verweigerten jedoch selbst jede Identifizierung.

Von einer Blockade am Freitagmorgen an der Schnackenburgallee/Ecke Rondenbarg wurden dem G20 EA dutzende Festnahmen gemeldet, von denen viele verletzt waren. Auf der Flucht vor der Gewalt der Polizei versuchten die Demonstrant*innen einen vier Meter hohen Zaun zu übersteigen, der unter der Last der Menschen zusammenbrach. Die Polizei provozierte an dieser Stelle eine Paniksituation ohne Rücksicht auf Verluste. Das Ergebnis: 14 Verletzte kamen ins Krankenhaus, davon waren 11 schwerverletzt.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Autonomen Demosanis mitlerweile um Spenden für mehr Verbandsmaterialien bitten müssen. Die Devise des Einsatzleiters der Hamburger Polizei ist so verroht wie kaltblütig: Lieber Verletzte hinterlassen als Gefangene machen.

In Hamburg sagt man Tschüss zum Rechtsstaat

Pressemitteilung #13 vom 07.07.2017

Am 6. Juli zerschlug die Polizei in Hamburg noch am Auftaktort die „Welcome to Hell“-Demonstration gegen den G20-Gipfel mit über 12.000 Teilnehmer*innen. In der Folge verteilten sich die Menschen im Hamburger Stadtgebiet und es gab an vielen Orten Auseinandersetzungen mit der Polizei. An diesem Tag verletzte die Polizei so viele Menschen, dass den Autonomen Demosanis mittlerweile das Verbandsmaterial ausgegangen ist.

Nach eigenen Angaben nahm die Polizei bis zum Abend des 7. Juli 71 Personen fest, nahm aber nur 15 Personen in Gewahrsam. Bisher sind dem Ermittlungsausschuss fünf Personen bekannt, gegen die Untersuchungshaft angeordnet wurde. Davon befinden sich vier Personen in der JVA Billwerder, zwei von ihnen wurden ohne anwaltlichen Beistand dem Haftrichter vorgeführt. Mit diesem Vorgehen hebelt die Hamburger Justiz die wesentliche Grundlage eines rechtsstaatlichen Verfahrens aus.

Alle Gefangenen werden zunächst in die Gefangenensammelstelle in der Schlachthofstraße in Hamburg-Harburg gebracht. Die Befürchtungen im Vorfeld haben sich bewahrheitet: Die Inhaftierten werden von der Polizei schikaniert, indem sie nichts zu Essen bekommen, sie ohne Decken auf unerträglich harten und teilweise sogar ohne Matratzen schlafen müssen und ihnen Toilettengänge unzumutbar lange vorenthalten werden.

Darüberhinaus wurden Anwält*innen über Stunden nicht zu ihren Mandant*innen vorgelassen. Die Polizei nutzte diese Situation, um ED-Behandlungen durchzuführen, ärztliche Untersuchungen zu verschleppen und die Betroffenen in Unwissenheit über die Vorwürfe und das weitere Verfahren zu lassen. Freilassungsanträge der Anwält*innen wurden von der Nebenstelle Neuland des Amtsgerichts Hamburg in der Nacht auf den 7. Juli nicht bearbeitet. Zeitgleich gaben Haftrichter desselben Gerichts mehrfach den Anträgen der Staatsanwaltschaft auf Untersuchungshaft statt.

Mehrere Eilverfahren gegen Einreisesperren, die sich gegen Personen aus Italien und der Schweiz richteten, waren erfolgreich. In drei Fällen wurde das Einreiseverbot für Personen aus der Schweiz vorläufig aufgehoben. Zwei Personen aus Bologna, die über Nacht auf dem Hambuger Flughafen festgehalten wurden, konnten den Transitbereich mittlerweile verlassen. Offenbar zielte die Verschleppungstaktik der Justiz darauf ab, den Betroffenen eine Teilnahme an der „Welcome to Hell“-Demonstration unmöglich zu machen.

Polizei Hamburg: legal, illegal, scheißegal

Pressemitteilung #12 vom 07.07.2017

Bei der Anreise zur „Welcome to Hell“-Demonstrationen setzte die Polizei am 6. Juli die Schikanen der vorherigen Tage fort. Mehrere Busse aus Dänemark konnten ihre Fahrt erst nach stundenlangen Durchsuchungen fortsetzen. Bei der Kontrolle von Bussen aus Berlin forderte die Polizei Anreisende auf, ihre Handys zu entsperren, um der Polizei Zugriff auf die in den Handys gespeicherten Daten zu geben.

Per Twitter verteidigte die Polizei ihr Vorgehen: „Im Hafen haben wir mehrere Bus-Passagiere & deren Handy-IMEI-Nummern überprüft. Es wurden keine Apps / persönl. Daten ausgelesen.“ Die Polizei agierte hier ohne Rechtsgrundlage. Auf Kritik an ihrem klar rechtswidrigen Vorgehen reagierte die Hamburger Polizei gewohnt dreist: „Jedem Bürger steht der Beschwerdeweg offen. Die gerichtliche Überprüfung polizeilicher Maßnahmen kann jeder initiieren.“

Am Hamburger Flughafen wurden am 6. Juli sieben Personen aus Italien ohne Begründung aber mit Hinweis auf den G20-Gipfel die Einreise verweigert. Die sieben Personen waren gegen 14:30 mit einem Flugzeug aus Bologna in Hamburg gelandet. Erst nach 20:30 Uhr konnten fünf der sieben Personen den Flughafen verlassen. Den beiden anderen wird von der Bundespolizei weiterhin die Einreise verweigert. Begründung: ein schwarzer Kapuzenpulli, festes Schuhwerk und Wollhandschuhe mit Lederapplikationen seien „szenetypische Kleidung“.

Aber wieso sollten Personen aus dem EU-Ausland nicht in „szenetypischer Kleidung“ an einer Demonstration der linken Szene teilnehmen, für die von der Hamburger Versammlungsbehörde keine Auflagen erlassen wurden? Wieder einmal zeigen die Hamburger Behörden, dass sie Freiheitsrechte mit Füßen treten, wenn es politisch opportun ist.

Welcome to Polizeistaat

Pressemitteilung #11 vom 06.07.2017, 22:15

Die „Welcome to Hell“-Demonstration am Abend des 6. Juli wurde von der Polizei noch am Startpunkt Fischmarkt massiv angegriffen und durch brutale Gewalt verhindert. Sowohl die Nachttanzdemo am Vorabend als auch die Auftaktkundgebung der „Welcome to Hell“-Demo waren zuvor ohne Zwischenfälle verlaufen.

Als die Demonstration um 19 Uhr beginnen sollte, stürmten die Schläger*innen der Polizei in die Menschenmenge. Die Polizei eskalierte die Situation, indem sie mit Schlagstöcken und Fäusten auf die Anwesenden einprügelte und sie mit Pfefferspray und Wasserwerfern angriff. Augenscheinlich wurden dutzende Demonstrant*innen dabei verletzt, einige davon schwer. Dem G20-Ermittlungsausschuss wurden bis 21:30 Uhr über 50 Festnahmen gemeldet.

Nachdem die Demonstration am Fischmarkt in Folge des gewalttätigen Polizeieinsatzes aufgelöst wurde, strömten die Menschen in die angrenzenden Stadtteile, um ihr Demonstrationsrecht wahrzunehmen. Teilweise rasten Polizeifahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit in die Menschenmenge . Zur Stunde gibt es vielfältigen Protest, die aktuelle Situation bleibt dynamisch.

Die Hamburger Polizei unter Einsatzleiter Hartmut Dudde hat damit die Eskalationspolitik betrieben, die wir nach wochenlanger Hetze erwartet haben.

Trotz Schikane und Verspätung: ZuG20 auf dem Weg nach Hamburg!

Pressemitteilung #10 vom 05.07.2017

Der Sonderzug zu den Protesten gegen den G20-Gipfel verließ am 5. Juli mit vier Stunden Verspätung den Badischen Bahnhof in Basel. Von den 160 Personen, die zusteigen wollten, wurden 32 an der Reise nach Hamburg gehindert. Gegen 24 Personen wurden Ein- oder Ausreisesperren verhängt, acht Personen verpassten den Zug aufgrund der vorsätzlich verschleppten Vorkontrollen durch die schweizerische und deutsche Polizei.

Der Sonderzug ZuG20 sollte ursprünglich am 5. Juli um 14:27 von Basel via Kornwestheim bei Stuttgart, Heidelberg, Frankfurt am Main, Köln und Dortmund nach Hamburg fahren. Am Badischen Bahnhof in Basel war die Polizei mit einem Großaufgebot präsent und kontrollierte über fünf Stunden die Reisenden. Die Abfahrt verzögerte sich aufgrund dieser Schikanen erheblich, so dass der Zug erst um 18:20 Uhr abfahren konnte.

Die Ein- und Ausreiseverbote sind eindeutig Gesinnungsverbote. Die Behörden sprachen die Verbote auch gegen Personen aus, die nicht vorbestraft sind. In der vorgefertigten Verfügung heißt es: „Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet würde eine gegenwärtige, schwerwiegende Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft oder die öffentliche Gesundheit gefährden.“ Die Anwältin Angela Furmaniak zu den Verboten: „Die schikanöse Behandlung der Demonstrantinnen und Demonstranten im Zug macht einmal mehr den fragwürdigen Umgang der Polizei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen deutlich. Der Versuch, mit allen Mitteln Proteste gegen den G20-Gipfel zu unterbinden, bietet Anlass zur Sorge, dass Bürgerrechte in den kommenden Tagen systematisch ausgehebelt werden und Hamburg zu einer autoritären Zone verkommt.“

Die Schikanen gegen den ZuG20 knüpfen an die Zermürbungsstrategie der Hamburger Polizei an – notfalls auch rechtswidrig – den Protest bereits im Vorfeld zu ersticken. In den letzten Tagen wurde mit unterschiedlichen Mitteln versucht, die Anreise von Aktivist*innen nach Hamburg zu verhindern, sei es durch Präventivhaft, wie in Rostock, oder durch Einreiseverbote und Meldeauflagen.

Aggressiver Polizeieinsatz gegen Camps und Feiernde

Pressemitteilung #9 vom 05.07.2017

Das Camp im Elbpark Entenwerder wurde am 4. Juli nach andauernder Drangsalierung durch die Polizei von den Aktivist*innen zugunsten von dezentralen Camps aufgegeben. Am 5. Juli hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg nun entschieden, dass zwar nicht die beantragten 1.500 Zelte, aber „zusätzlich […] zu den bisher genehmigten Veranstaltungszelten bis zu 300 Schlafzelte für jeweils maximal 2-3 Personen auf der bisher zugewiesenen Fläche aufgestellt und Waschangelegenheiten sowie eine Küche zur Selbstversorgung errichtet werden“ dürfen.

In der Stadt bauten Gipfelgegner*innen an verschiedenen Plätzen spontane Camps auf – sowohl auf privatem als auch auf kirchlichem und öffentlichem Grund. Die Schikanen der Polizei gegen Camper*innen halten jedoch an. So wurde am Abend des 4. Juli das Camp im Emil-Wendt-Park (Gählerpark) mittels Pfefferspray-Einsatz geräumt. Anschließend bildete sich eine Spontandemonstration, die wiederum von der Polizei gestoppt wurde.

Parallel zu der Aneignung öffentlicher Parks durch die Camper*innen fanden sich am Abend des 4. Juli G20-Gegner*innen zum hedonistischen Cornern zusammen. Sie feierten zusammen mit vielen Bewohner*innen aus Altona und St. Pauli und zeigten so, dass sie sich nicht von der Polizeipräsenz in Hamburg einschüchtern lassen.

Trotz der ausgelassenen Stimmung ging die Polizei mit einem übertriebenen Großaufgebot gegen die Feierenden vor. Mit sechs ihrer mindestens 20 Wasserwerfern wurde ab 23 Uhr der Neue Pferdemarkt von der Polizei geräumt und die Menschen in Richtung Schanzenviertel gedrängt. Trotzdem schaffte es dieser überzogene Polizeieinsatz nicht, die Stimmung nachhaltig zu beeinträchtigen.

Sowohl das Vorgehen gegen die Camps als auch die Machtdemonstration gegen Feiernde zeigt, welches Vorgehen der Polizei gegen die Gipfelprotestierenden in den kommenden Tagen zu erwarten ist. Die Polizei versucht Protest gegen die gewalttätige Politik der G20 auf der Straße durch massives und brachiales Vorgehen zu unterbinden. Dennoch sind in den letzten Tagen mehrere kleinere Camps entstanden und während des Cornerns konnten sich tausende Menschen in verschiedenen Stadtteilen zumindest zeitweise den öffentlichen Raum aneignen.

Hamburger Polizei verbreitet Propaganda und Verleumdung

Pressemitteilung #8 vom 04.07.2017

Die Hamburger Polizei ist aktuell auf der Suche nach einer Gefahrenprognose zur Legitimierung ihrer Repression. Nach den Razzien in Hamburg und Rostock und den deutschlandweiten Gefährder*innenansprachen hat die Polizei nun auf Twitter ein Propaganda-Video veröffentlicht. Darin versucht die Polizei die bei der Hausdurchsuchung in Rostock gefundenen Gegenstände einen Zusammenhang mit Protesten gegen den bevorstehenden G20-Gipfel zu setzen.

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer unterstellt den Betroffenen der Razzia ohne konkrete Hinweise vorzulegen die Planung schwerer Straftaten, wenn er behauptet, dass die beschlagnahmten Gegenstände „zum militanten Protest gehören“ und er mutmaßt, dass sie für „Gewalttaten […] eingesetzt werden können – respektive sollten“. Weiter behauptet Meyer, dass es sich bei seinen Anschuldigungen um „konkrete Fakten“ handle. Obwohl laut der Polizeipressemitteilung der Polizei lediglich „mit Farbe gefüllte Feuerlöscher“ gefunden wurden, werden diese in dem Propaganda-Video als „Flammenwerfer“ präsentiert. Ein handelsüblicher Bengalo, wie er bei nahezu jedem Fußballspiel gezündet wird, mutiert in der Darstellung der Polizei zu einer „Signalfackel“ durch die „schwere Brandverletzungen zu erwarten“ seien.

Tatsächlich jedoch hat die Polizei keine Beweise für eine geplante Beteiligung des Beschuldigten an Protesten gegen den G20-Gipfel vorgelegt. Im Gegenteil wurden bereits im Vorfeld Meldeauflagen für die Zeit des G20-Gipfels gegen ihn verhängt. Er hätte sich ab dem 2. Juli täglich bei den Behörden melden müssen. Die Präventivhaft ist daher im Sinne des Gesetzes weder unerlässlich noch ist sie verhältnismäßig.

Aber nicht nur sollen Linke schikaniert werden, die Hamburger Polizei geht neuerdings auch gegen die freie Anwaltsschaft vor. So führt die Polizei in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (AZ: 75 G 4/17, 75 G 5/17, 75 G 6/17 und 75 G 7/17) nicht nur die vermeintliche Gesinnung der Mandant*innen, sondern auch die Mitgliedschaft ihrer Anwält*innen im „Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein e.V.“ (RAV) als Indikator für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit an.

Der Vorstandsvorsitzende des RAV betont, dass „die Argumentation der Hamburger Polizeiführung […] sich nahtlos an die Missachtung des Gewaltenteilungsprinzips in den vergangenen Tagen” anschließt. Die Wahl der/des Anwält*in wird also zur Gefahrenprogenose hinzugezogen. Somit wird bereits durch die Wahl der anwaltlichen Vertretung eine Vorverurteilung gefällt. Die Spaltung in willkommene und gefährliche Aktivist*innen wird somit auf die Ebene der rechtlichen Vertreter*innen übertragen.